„Ich geh nimmi nuff!“ – Ziellos in die nächsten Jahre?

„Ich geh nimmi nuff!“ – an dieser Stelle wollen wir außerhalb unseres Podcasts ab und an ein paar Gedanken rund um den Betze zusammenfassen. Wenige Tage vor Beginn der neuen Saison macht Paul heute den Anfang. Er geht der Frage nach, warum der FCK offenbar ohne Ziel in die neue Saison gehen wird.

Martin Amedick feierte, so wie der Rest des Teams. Marco Kurz jubelte mit Stefan Kuntz und unten auf dem Platz vor dem Rathaus versammelten sich immer mehr FCK-Fans zur spontanen Aufstiegsfeier. Dem FCK war, nachdem Augsburg nicht über ein 1:1 in Frankfurt hinaus kam, der direkte Aufstieg nicht mehr zu nehmen. Gerade einmal 24 Monate nach dem Fast-Abstieg in die Drittklassigkeit wurde damit der viel zitierte „Drei-Jahres-Plan“, der nach der Katastrophensaison im Sommer 2008 ausgerufen wurde, ein Jahr früher umgesetzt. Mit viel Einsatz und Leidenschaft, mit geschickten Transfers und der berühmten Mischung aus erfahrenen Leistungsträgern und jungen, in manchen Fällen geliehenen Spielern gelang dem FCK 2010 die Rückkehr in das Oberhaus. Die Anhängerschaft konnte sich mit „ihrem“ FCK identifizieren. Die entstandene Euphorie trug das Team im Folgejahr sensationell auf Platz 7 in der Bundesliga-Abschlusstabelle.

Vier Jahre, einen katastrophalen Abstieg und zwei magere Spielzeiten später scheinen diese Erinnerungen nur noch ein leises, wehmütiges Echo vergangener Tage zu sein. Der FCK 2014 gibt ein anderes Bild von sich – und das längst nicht nur wegen des ungewohnten orangenen Farbtons in den neuen Heim-Trikots. Die Identifikation mit dem Verein hat spürbar und mit Blick auf die leeren Tribünen im Stadion durchaus sichtbar nachgelassen. Wo steht der FCK, oder besser: wofür steht der FCK in diesen Tagen? Wo sieht sich der Verein in drei Jahren? An welchem Punkt möchte der FCK in zwei Jahren stehen?

Schwierige Frage, denn in Wahrheit scheint sie sich noch nicht einmal für den Sommer 2015 beantworten zu lassen. Der Aufschrei war groß, als ein angebliches Zitat von Stefan Kuntz die Runde machte: das Saisonziel, so der Vorstandsvorsitzende, laute Platz 5. Oder übersetzt für die zweite Liga: das Saisonziel sei der Klassenerhalt. Nun ist aber dieser Satz so nie gesagt worden, wie FCK-Pressesprecher Stefan Roßkopf gegenüber BetzeGebabbel betonte. Vielmehr sei die Aussage aus dem Zusammenhang gerissen und führe zum eigentlichen Punkt, an dem sich der FCK 2015 befinden soll. Die Frage nach dem Saisonziel ist nämlich im Sommer 2014 mehr denn je mit dem Konzept, mit der Philosophie des Vereins verbunden. Pathetischer könnte man auch formulieren: es geht um die Werte des Vereins.

Die Entscheidung auf junge und entwicklungsfähige Spieler zu setzen ist – so scheint es zumindest nach außen – aus Überzeugung gefallen. Eine nicht unerhebliche Rolle werden trotzdem auch die knappen finanziellen Ressourcen gespielt haben. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen, mit denen sich der 1. FC Kaiserslautern am Montag ins Rennen stürzen wird, haben sich mit Sicherheit nicht entspannt. Kürzlich erst musste der FCK erneut um die Stundung seiner Mietschulden bitten. Die Konten sind nicht zuletzt durch die beiden letzten Spielzeiten geschrumpft, in denen man den Aufstieg erzwingen wollte und beide Mal knapp, aber verdient scheiterte. 2012 und 2013 wurde das Saisonziel „Aufstieg“ trotz Vorgabe verpasst. Ein drittes Mal das große Ziel auszugeben scheint man sich nicht zu trauen. Womöglich auch, weil man zunächst abwarten muss, wie sich das neue Konzept umsetzen lässt. Es scheint daher fast, als sei man beim FCK bemüht, die Favoritenrolle weit von sich zu weisen, so sie denn überhaupt dem FCK noch zugetragen wird. Zuletzt tippte Stefan Kuntz in der Rheinischen Post auf Nürnberg, Fürth und Düsseldorf, als er nach den Aufstiegskandidaten gefragt wurde.

Indirekt widerspricht er damit einigen Spielern seiner eigenen Mannschaft. Kurz nach seinem Wechsel in die Pfalz erklärte zum Beispiel Philipp Hofmann, dass er mit dem FCK „am besten in dieser Saison“ aufsteigen wolle. Auch Chris Löwe fand wie gewohnt klare Worte und gab im kicker-Interview deutlich zu verstehen, dass man den Fans „nicht Mittelmaß verkaufen könne“. Mit dem aktuellen Kader sei der Aufstieg im Bereich des Möglichen. Herrscht also Uneinigkeit innerhalb des Vereins über die Zielvorgabe? Ist die Mannschaft am Ende mit der defensiveren Haltung der Vereinsführung uneins? „Wenn Chris Löwe der Meinung ist, die Mannschaft hätte das Potenzial und er guter Dinge ist, dass es klappen könnte, dann ist das doch ein gutes Zeichen“, erklärt Stefan Roßkopf und stellt zudem klar: „Unterschiedliche Saisonziele gibt es nicht“.

Es bleibt die Frage, ob das alleinige Ausrufen der neuen Philosophie von offizieller Seite in der Anhängerschaft ausreicht, um voller Motivation und ohne Enttäuschung durch die Saison zu kommen? Der FCK hat durch die vielen Kaderumbrüche in den letzten Jahren und durch den leidenschaftslosen Fußball viel Sympathie und Identifikation verspielt. Manch einer ist müde geworden, was den Betze betrifft. Insofern bietet das neue Konzept neben der wirtschaftlichen Entlastung auch noch eine zweite Chance: eine junge Truppe, die mit Emotionen und Leidenschaft den Rasen bespielt, die bis zur letzten Minuten um jeden Zentimeters des Platzes kämpft, kann schnell die Zuneigung der ausgehungerten FCK-Gemeinde zurückgewinnen. Exakt in diesem Moment könnte dann aber eine Zielvorgabe für die aktuelle Saison nützlich sein und führt zum Ausgangsgedanken zurück. Warum entwerfen die Verantwortlichen des Vereins nicht wie einst 2008 einen mehrjährigen Plan? Und falls dieser schon existiert: warum kommunizieren sie ihn nicht nach außen? Es könnte zu einem enormen Zusammenhalt führen, wenn Verantwortliche, Mannschaft und nicht zuletzt die Fans an einem großen, gemeinsamen Projekt arbeiten. Es könnte ein großes Bewusstsein, vielleicht ein gewisses Feingefühl schaffen, wenn die Mannschaft wieder mal in alte, schlafwandlerische Zustände zurückfallen sollte.

Das gilt nicht nur für die kommende Saison ab Montag, sondern für die nächsten zwei, drei Jahre. Das „Fahren auf Sicht“ ohne konkrete Linie und Vision macht vielleicht Sinn, weil Stefan Kuntz, Markus Schupp oder Kosta Runjaic später mit ihren Worten konfrontiert werden. Aber im Umfeld sorgt das ziellose „Gefahre“ für noch mehr Abstumpfung und Abwenden – vor allem in Momenten, wenn der gespielte Fußball nicht den Ansprüchen genügt. Man möchte nicht unterstellen, dass den Verantwortlichen der Mut dafür fehlt, erwarten kann man es trotzdem.Es wäre eigentlich ganz einfach, die Fans mit klaren Aussagen und Zielvorgaben für die nächsten Spielzeiten hinter sich zu bringen und damit die Fragen zu beantworten: wofür stehen wir in den nächsten Jahre und wie geht es nach 2015 weiter?

BetzeGebabbel hat sich am vergangenen Samstag auf dem Stadionfest umgehört, viele Leute befragt und unter anderem auch die Frage gestellt: wie stehst du zu dem neuen Konzept vermehrt auf junge Spieler zu setzen? Nicht einer der Befragten hat sich gegen die neue Philosophie ausgesprochen, ganz im Gegenteil: alle Befragten waren bereit, diesen Weg mitzugehen, der in manchen Phasen auch schmerzhaft sein kann. (Übrigens: Die neue Folge von BetzeGebabbel mit einigen Meinungen vom Stadionfest erscheint übrigens am kommenden Wochenende!)

Der FCK hat es in der Hand, muss zudem beweisen, dass er es mit der neuen Philosophie ernst meint. Ohnehin muss sich der neue Weg erst einmal auf dem Platz zeigen: nimmt man nämlich die vermutete Startaufstellung des kicker als Grundlage, finden sich darin höchstens Jean Zimmer, Dominique Heintz und Kevin Stöger, denen man das Prädikat „jung und entwicklungsfähig“ geben würde. Darüber hinaus muss sich auch die Nachhaltigkeit dieser neuen Philosophie beweisen: gerade der letztgenannte Stöger ist nur ausgeliehen, Philipp Hofmann soll angeblich bei Erfolg relativ unkompliziert zum FC Schalke 04 zurückkehren können. Zudem begannen viele junge Spieler wie Steven Zellner, Julian Derstroff oder Hendrick Zuck in den letzten Jahren hoffnungsvoll, stagnierten danach aber in ihrer Entwicklung, bekamen keine weiteren Einsatzzeiten und verließen den Verein. Auch die Integration von jungen ausländischen Spielern gestaltete sich wohl schwieriger, denkt man nur an Kostas Fortounis, Ariel Borysiuk oder den schon fast vergessenen Kwame Nsor.

Wie dem auch sei: entscheidend ist „dass die Mannschaft durch ihr Auftreten auf und neben dem Platz und durch das Zeigen der alten Betze-Tugenden die FCK-Fans wieder begeistert und sich die Anhänger wieder mit dem Team identifizieren können“, sagt Stefan Roßkopf. Rückschläge sind mit diesem neuen Konzept trotzdem nicht vermeidbar und der identitätsstiftende Fußball voller Betze-Tugenden muss sich auch erst einmal im nasskalten Herbst in Heidenheim oder gegen Darmstadt beweisen. Gerade deshalb sollte der FCK alles dafür tun, seine Fans hinter sich zu bringen und mit klaren Worten auf die kommenden Jahre einstimmen.

Was die Saison 2014/15 angeht, scheint man doch nicht völlig auf eine Zielvorgabe verzichten zu wollen. Auf Nachfrage antwortet Stefan Roßkopf: „Wie bereits mehrfach geäußert, möchten wir mit der Bekanntgabe eines „klassischen“ Saisonziels warten, bis der Kader letztlich komplett und die Vorbereitung abgeschlossen ist.“ Bis Anfang September scheint man sich also noch gedulden zu müssen und vielleicht erklärt dann der FCK mit den Eindrücken aus den ersten Spielen der Saison den „Reiseplan“ für die kommende Zeit. Das Ziel muss über kurz oder lang, schon allein aus wirtschaftlichen Zwängen, die Rückkehr in die Bundesliga sein. Jetzt müssen wir nur noch wissen, wann und wie wir da hin kommen…

Am Montag steht nun erst einmal der Saisonstart gegen 1860 München an und trotz allem: wenn der Berg ruft, machen wir uns auf den Weg. Der Verein hat an die Fanclubs und Fans viele Freikarten für die ersten beiden Saisonspiele verteilt, entsprechend wird das Stadion gut gefüllt sein. Es gilt Anlauf zu nehmen. Bietet man den Fans wieder die Leidenschaft und den Fußball den sie erwarten, können die ersten Wochen ordentlich Rückenwind geben. Es geht wieder los! Hopp, bis uffem Betze!

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